Holz erlebt in der Baubranche einen sagenhaften boom. Besonders die Nachhaltigkeits-Affinität von Häuslebauern und Gemeinden beflügelt das Geschäft – denn Holz speichert CO2, wenn es verbaut wird. Verfällt es hingegen im Wald, wird das gespeicherte Gas wieder freigesetzt. Bei den Werken der Remetschwieler Betriebe Holzbau Amann und Lignotrend machte ich mir gemeinsam mit dem Landtagsabgeordneten Niklas Nüssle ein Bild vor Ort, um mit der Branche ins Gespräch zu kommen. Mit dabei waren die Geschäftsführer der beiden Betriebe, sowie Gesellschafter und Bereichsleiter.
„Mit einer Holzbauquote von mehr als 40 Prozent ist der Landkreis Waldshut wirklich fortschrittlich“, erklärt Bernhard Tritschler, Geschäftsführer von Holzbau Amann den beiden Grünen Politikern: „Der Schnitt in Baden-Württemberg liegt ungefähr halb so hoch und trotzdem ist das Ländle im Bundesvergleich führend.“ Mit Holz lässt sich tatsächlich vieles verwirklichen. Der Betrieb hat etwa ein Trägersystem mit stahlähnlichen Eigenschaften entwickelt. Eine Besonderheit daran ist, dass dafür Buchenholz verwendet wird, das bis vor ein paar Jahren für ungeeignet zum Bau gehalten wurde. Doch die zunehmende Knappheit der im Baugewerbe beliebten Fichte ließ den Betrieb kreativ werden – offenbar mit Erfolg.
Dennoch bremsen Regularien und Vorschriften die Weiterentwicklung des Holzbaus aus, sagt Tritschler: „Theoretisch können wir vier- oder fünfstöckige Holzhäuser bauen. Wir machen das auch schon. Allerdings benötigen wir für jedes Projekt eine Sondergenehmigung – obwohl wir schon zahlreiche identische Projekte umgesetzt haben.“ So dürften etwa Versammlungsgebäude wie Konzerthallen nicht mit brennbaren Rohstoffen gebaut werden, was Holz kategorisch ausschließe. Dabei gäbe es Gutachten, die belegen, dass Holz durchaus auch brandschutzkonform verbaut werden kann.
Allerdings fordern auch die Holzknappheit und die jüngste Preisexplosion die Betriebe heraus. „Wir haben zum Glück früh einen Vorrat bestellt“, sagt Holzbau-Amann-Chef Tritschler. Durch die strategische Übernahme des Sägewerks in Ibach kann das Unternehmen Lignotrend gut zehn Prozent des Bauholzbedarfs selbst verarbeiten. Dennoch fährt ein Großteil des im Schwarzwald geschlagenen Holz für die Verarbeitung nach Österreich und von dort wieder zurück in die Region, weil es hier kaum noch Werke gibt, die es veredeln und damit fertig zur Weiterverarbeitung machen. Eine geradezu kuriose Situation: „Solche Lieferketten sind in vielerlei Hinsicht fatal“, sagt Bundestagskandidat Jan-Lukas Schmitt: „Zum einen sind lange Transportwege schlecht für die Umwelt. Andererseits fährt mit dem Holz auch die Wertschöpfung davon. Würden wir es regional statt in Österreich verarbeiten, bliebe der Umsatz in der Region – und wir würden eine Menge CO2 und Zeit sparen.“ Naturschutz und Wirtschaftlichkeit würden sich an dieser Stelle, wie so oft, ergänzen.
Überrascht zeigten sich die beiden Politiker davon, dass laut den Betriebschefs auch Käferholz gut verwertbar sei. Im vergangenen Jahr hat der Borkenkäfer dem Schwarzwald stark zugesetzt, riesige Flächen mussten gerodet werden. Ergebnis der Diskussion zur Forstwirtschaft war, dass ein breit angelegter Wald mit verschiedenen Baumsorten nicht nur im Sinne des Naturschutzes, sondern auch der Baubranche sei. „Ganz wichtig ist, dass wir auch die Kommunen bei der Aufforstung ihrer Wälder unterstützen“, sagt Schmitt: „Früher war Forstwirtschaft für viele Gemeinden ein Zubrot. Heute müssen sie dafür Geld investieren – hier muss der Bund besonders betroffene Regionen wie unsere finanziell unterstützen. Die Gesellschaft hat großes Interesse an intakten Wäldern – zum Klimaschutz, aber auch als Tourismusmagnet oder eben nachhaltigen Werkstoff.“